13.07.2011

Foto: E.-E.-Kisch-Straße und Glück-Auf-Weg nach der Sanierung. Foto: GWB Elstertal

Ehrung in Kategorie Denkmalensemble für die denkmalgerechte Sanierung von Gebäuden im Glück-Auf-Weg und in der Egon-Erwin-Kisch-Straße am Bieblacher Hang – Wohngebiet dokumentiert einzigartig in Thüringen die Entwicklung des Wohnungsbaus der DDR von den 50er bis 80er Jahren des 20. Jahrhunderts

Die GWB „Elstertal“ Geraer Wohnungsbaugesellschaft mbH erhält heute (30. Juni) zu einer Festveranstaltung in der Erfurter Thomaskirche den Thüringer Denkmalschutzpreis in der Kategorie Denkmalensemble für die denkmalgerechte Sanierung der Gebäude Glück-Auf-Weg 2-8 und 3-11 und der Egon-Erwin-Kisch-Straße 4-12 am Bieblacher Hang. Ralf Schekira, Geschäftsführer der GWB „Elstertal“ Geraer Wohnungsbaugesellschaft mbH, wird den Preis von Minister Christoph Matschie und von Dr. Thomas Wurzel, Geschäftsführer der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen, entgegen nehmen. „Diese Auszeichnung zeigt, dass Engagement und Aufwand zur Erhaltung dieser prägenden Baukultur der Stadt Gera Anerkennung finden“, freut sich Ralf Schekira. „Allerdings war das kein einfacher Prozess. Aber es hat sich für unser Unternehmen und unsere Mieter gelohnt“. Geras Baudezernent Ramon Miller lobt, dass dieses hervorragende Ergebnis bei der Sanierung der Wohnungsbauten nur durch den hohen Einsatz aller Beteiligten erreicht werden konnte. „Bemerkenswert dabei ist u.a. die Akzeptanz durch den Eigentümer für die denkmalschutzrechtlichen Belange eines Wohngebietes der frühen Aufbauzeit in der ehemaligen DDR“, so Miller. Im Bereich der Wohnbauten im Glück-Auf-Weg und in der Egon-Erwin-Kisch-Straße sei von Beginn der Planungsphase im Jahr 2006 bis zur Fertigstellung im Jahr 2009 mit größter Sorgfalt und Sensibilität der Grundgedanke der Erhaltung und Wiederentdeckung eines möglichst authentischen Zustandes dieser Zeitepoche verfolgt worden. „Die Aufgabe der Sanierung des umfangreichen Wohnungsbestandes in Gera ist auch in den nächsten Jahren noch eine große Herausforderung. Die Sanierung am Bieblacher Hang ist gut vorangeschritten und soll in den nächsten Jahren fortgesetzt werden, um auch die jüngere Vergangenheit von Gera im Bewusstsein zu erhalten“, schätzt Baudezernent Ramon Miller ein.

Seit 1998 steht der Bieblacher Hang als bauliche Gesamtanlage einschließlich aller Park- und Grünflächen unter Denkmalschutz. Dieser Status und die dringend erforderlichen Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten machten ein abgestimmtes Vorgehen aller Beteiligten erforderlich, um die gestalterische Einheit des Gebietes zu sichern. Zu diesem Zweck wurden im Jahr 2000 vom Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie bindende Leitlinien für den denkmalgerechten Umgang mit dem Ensemble „Bieblacher Hang“ erarbeitet. Sie sollen sicherstellen, dass das Gebiet als bauliche Gesamtanlage auch in Zukunft in seiner variantenreichen Bauweise erhalten bleibt. Das bedeutet, bauzeitliche Details zu bewahren oder zu reparieren und sowohl Abrisse als auch weitere Verdichtungen durch Neubauten zu vermeiden. Die Grünbereiche sollen in ihrer überlieferten Form erhalten bleiben. Gestaltungsprinzipien sind zu beachten, vor allem aber soll der parkähnliche Gesamteindruck erhalten werden.

Zwei Architekturbüros erhielten für diese Sanierung die gleiche Aufgabenstellung und stellten mit sehr viel Liebe zum Detail die Bauanträge. Dabei wurden unter besonderer Beachtung des Wunsches des Bauherrn für eine energetische Sanierung die methodischen Vorgaben mit den Denkmalschutzbehörden abgestimmt. Jede Wohnung ist nun mit einem Balkon ausgestattet, der dem Gestaltungsbild der Entstehungszeit entspricht und sich sehr gut einfügt. Durch restauratorische Befunduntersuchungen entstand die ursprüngliche Gestaltung wieder. 

Im Ensemble wohnten und lebten zu DDR-Zeiten hauptsächlich die Beschäftigten der SDAG Wismut. Es war ein privilegiertes Vorhaben unter Federführung eines eigens dafür ins Leben gerufenen „Sonderaufbaustabes Erzbergbau“. Bis Ende der 1980er Jahre entstanden 2.275 Wohnungen in 3-,4-,5-,6- und 10-geschossigen Wohnblocks sowie alle erforderlichen Versorgungseinrichtungen wie Schulen, Kindertagesstätten, Verkaufseinrichtungen und eine Poliklinik. Das städtebauliche Konzept sorgte, gemessen an den Standards der damaligen Zeit, für einen hohen Wohnkomfort, Beheizung des gesamten Wohngebietes mittels Fernheizsystem und eine Ausstattung der Wohnungen mit Bädern. Angefangen von der Ziegelgroßblockbauweise in den 1950er und 1960er Jahren, über die in Beton ausgeführten 2 Mp-Streifenbauweise (Typ Magdeburg) in den 1970er Jahren bis hin zur Großplattenbauweise (WBS 70) Ende der 1980er Jahre zeigen unterschiedliche Wohnbauvarianten im Gebiet die damaligen Bautechnologien. In Gera ist auf diese Weise - einzigartig in Thüringen - die Entwicklung des Wohnungsbaus der DDR von den 50er bis 80er Jahren des 20. Jahrhunderts praktisch dokumentiert. Daraus resultierte die konzeptionelle und planerische Aufgabe, dieses bau- und kulturhistorische Zeugnis so zu bewahren, dass bei allen baulichen Vorhaben zur Verbesserung der Wohn und Lebensqualität auf den Charakter des Gesamtensembles Rücksicht genommen wird. Auf Grund seiner günstigen Lage und der Großzügigkeit des Wohnumfeldes ist der Bieblacher Hang ein beliebtes und gefragtes Wohngebiet. Das soll durch nachhaltige Sanierungsmaßnahmen für die bereits hier wohnenden Mieter liebens- und lebenswert erhalten sowie für den Zuzug jüngerer Menschen attraktiv gemacht werden. Die „Entwicklungskonzeption Wohnen“ der Otto-Dix-Stadt Gera gibt wichtige Orientierungen und Rahmenbedingungen für eine langfristig stabile Perspektive vor. Seit 1990 fanden Teilsanierungen in einzelnen Gebäudegruppen statt. Bei der umfangreichen Sanierung der beiden Straßenzüge Egon-Erwin-Kisch-Straße und Glück-Auf-Weg waren ein komplexes Herangehen und die Berücksichtigung von Mieterwünschen gefragt.

Der Thüringische Denkmalschutzpreis wird für herausragende Leistungen im Bereich der Denkmalpflege vom Freistaat gemeinsam mit der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen in vier Kategorien vergeben.

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