Chronik

29.07.2005  
 

Umbau Ost darf nicht nur Abriss sein
Bauminister schwört auf Programme und nörgelt am "Verwaltungshandeln" der Begünstigten

Die Städtebauförderung, freut sich Bauminister Andreas Trautvetter (CDU), sieht man Thüringen wenigstens an. Innenstädte wurden damit saniert, Brachflächen entwickelt, wo DDR-Betriebe standen, sogar Plattenbauquartiere erfuhren zum Teil respektable Aufwertung. Deshalb will der Minister auch das Bund-Länder-Programm "Stadtumbau Ost" nicht in "Abriss Ost" umgedeutet wissen.

Auch wenn er den Anschein nicht ganz vom Tisch wischen kann. Mit Stand Ende Juni sind im Freistaat bislang 16 622 Wohnungen wegen Unvermietbarkeit "rückgebaut" worden. Dauerhafter Bevölkerungsrückgang bewirkte, dass voriges Jahr erstmals mehr Wohnungen vom Markt verschwanden, als neue hinzukamen. Und der Trend könnte anhalten. Bis 2009 sollen Jahr für Jahr 20 Millionen Euro Steuermittel speziell in den Abriss von Wohnquartieren fließen.

"Aber Abrissprogramme nützen uns wenig, wenn wir nicht gleichzeitig sanieren", sieht Trautvetter die Städte im Zugzwang. Landeseigene Programme wie die Initiative Gebäudesicherung oder "Genial zentral" sollen dabei helfen. Der größte Förderbrocken kommt vom Stadtumbau Ost. Insgesamt stehen dieses Jahr 123 Millionen Euro für Umbauideen zur Verfügung. Im Vorjahr waren es noch 130 Millionen, und die schwierigen Verhandlungen zum Landes-Doppeletat 2006/07 lassen den Bauminister nicht sehr optimistisch dreinschauen. Wenn er 100 Millionen pro Jahr für den Städtebau loseisen kann, kann er zufrieden sein.

Dass den Kommunen die Puste ausgeht, seit es keine Spitzenförderung bis 97 Prozent mehr gibt und ihnen rund ein Drittel Eigenanteil abgefordert wird, will der Bauminister nicht gelten lassen. Eine Umfrage Anfang des Jahres unter den 44 Kommunen, die von Städtebauprogrammen profitieren, habe das Gegenteil ergeben:

Alle wollten weiter mitmachen. Um so ärgerlicher findet es Trautvetter, dass längst bewilligte Kassenmittel für den Stadtumbau nur schleppend abgerufen wurden. Im ersten Halbjahr ganze 40,5 Millionen Euro. Brauchen die Städte kein geschenktes Geld?
Die Gründe seien nicht nur im verspäteten Abschluss der Vereinbarung mit dem Bund zu suchen, nörgelt der Minister am "teilweise nicht nachvollziehbaren Verwaltungshandeln" der Programmgemeinden herum. Auch die Kommunen hätten dazu beizutragen, die Investitionen schneller in Gang zu bekommen.

Zumal öffentliche Anstrengungen beim Stadtumbau auch privates Engagement befeuern. "Das konnten wir nachweisen", sagt Hilde Barz-Malfatti. Die Professorin an der Weimarer Bauhaus-Universität hat jene Broschüre mitverfasst, die noch das Thüringer Innenministerium in Auftrag gab, als es für Bau zuständig war. Jetzt ist das Ressort Trautvetter der Herausgeber. Das Hochglanzwerk vereint beispielhafte Erneuerungen städtischen Lebens aus ganz Thüringen.

Ein attraktives Stadtbild, bekräftigt Prof. Barz-Malfatti, beeinflusst nicht nur das Heimatgefühl der Bewohner, sondern auch Stadttourismus und so manche Standortentscheidung von Unternehmen.

Trautvetter fordert deshalb eine Verstetigung des Bund-Länder-Programms bis mindestens 2019, dem Ende des Solidarpakts II mit den neuen Ländern. Na dann willkommen im Klub, sagt die PDS im Landtag und wundert sich, warum ihre ähnlich lautende Forderung von der Landesregierung bisher so kritisiert wurde. Und die Architekten der Bauhaus-Uni weisen auf eine strategische Fehlentwicklung hin. Bisher habe der Fokus zu sehr auf Plattenbauten gelegen. Leider hätten auch städtebaulich wertvolle Gründerzeitquartiere einen enormen Aufwertungsbedarf. Leerstand hier: bis zu 20 Prozent.


OTZ, 28.07.2005 -Mit freundlicher Genehmigung-

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